Yoga auf Thai – Chiang Mai flows!

Es war 2012. Ich war auf Rundreise durch Thailand. Wie es so war dieser Tage, war das Ziel möglichst viel zu sehen und nicht möglichst lange zu verweilen. Ich war wie die japanischen Touristen in der Wiener Innenstadt in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts: Möglichst viele Sehenswürdigkeiten in möglichst wenigen Tagen. Klick klick klick klick… we move on.

Das ist der Zweck von Rundreisen. Ich stand jeden Tag in aller Herrgottsfrüh auf, schlief stundenweise im klimatisierten Bus mit den üblichen Nacken/Schulter Verspannungen, fühlte mich erschlagen von der Hitze und einer weiteren Tempel Besichtigung. Was mir fehlte war angenehme Bewegung, ein Strecken und Dehnen, ein Drehen und ein tiefes Atmen. Ich vermisste meine tägliche Yogapraxis. Aber ich war einfach zu müde um mir am Abend noch einen Flow zu überlegen, wo doch ein leckeres Pad Thai und ein frischer Mai Thai auf mich warteten.

 

Ich war in Chiang Mai angekommen. Und im Hotel gab es laut Programm: YOGA! „What a blast!“, dachte ich mir „Endlich…da gehe ich hin!“

 

Ein verspiegelter Raum mit Blick über den Night Market. Es trudeltn Yogis ein, die eher keine Hotelgäste waren. Einheimische, Expatriats, die sich begrüßten und ich schiebte unsicher meine Matte möglichst weit nach hinten. Und dann kamen zwei thailändische durchtrainierte Yogalehrerinnen mit Musikanlage in den Raum. „OK. wird wohl nicht sehr spirituell.“, dachte ich mir beim Anblick der perfekten Yogis, die eher einem hippen Video entsprungen schienen, als einem Ashram. Dann setzte ich gedanklich noch nach: „Warum zwei?“

Aber ich freute mich einfach sehr auf eine angeleitet Yogastunde und die Begrüßung auf Englisch und Thai war sehr freundlich. Wir begannen im Meditationssitz mit einem einfachen „Breath in…breath out…“.

 

Und dann hat die Erste losgelegt. Ich verstand kein Wort mehr. Sie sprach Thai. Die Expatriats schienen die Abfolge in und auswendig zu kennen und ich war nur damit beschäftigt dem Ganzen irgendwie hinter her zu jagen. Nach 10 Minuten verstand ich dann endlich was ein- und ausatmen in der Landessprache bedeutet. Zumindest rede ich mir das bis heute ein. Ich hatte aber noch immer keinen blassen Schimmer von dem was da rundherum angeleitet wurde. Danke Gott, dass du uns Augen gabst. Es war heiß im Raum und ich überlegte kurz, ob ich in Bikram Yoga gelandet war oder warum dieses verdammte internationale Hotel eine Yoga Flow Stunde auf Thai anbot. Wir flossen dahin. Ich mit dem Wasser, das durch meine Poren in die Freiheit drang, die anderen einfach gemütlich durch die ihnen bekannte rasche Abfolge von Asanas.

 

Zuhause in Österreich war ich Mitten in meiner Yogalehrer Ausbildung bei einem spirituellen Lehrer, der Wert auf das Spüren und Vertiefen in jeder einzelnen Haltung legte. Hier in Thailand fühlte ich mich wie ein Mensch, der das erste Mal in seinem Leben eine Yogastunde besuchte. Das Einzige was ich spürte war die Eingeschränktheit meiner Beweglichkeit und dass ich wohl meilenweit davon entfernt war, irgendwann in diesem Leben Yoga zu unterrichten. Ich kämpfte mit Hirn und Körper, Minute um Minute um mit den anderen Schritt zu halten und möglichst perfekt auszusehen.

 

Doch dann kam dieser Moment: es war alles zu viel für mich und es ging gar nicht mehr anders, als einfach los zu lassen. Stell dir vor du hängst am Abgrund, das Seil will dich halten, aber deine Arme haben keine Kraft mehr. Du überlasst dein Leben dem Schicksal. Komme was wolle. Vertraue und lass dich einfach fallen. In diesem Moment war nicht mehr wichtig, ob ich den anderen im Sekundentakt folgen konnte, ob ich verstand was die zweite Lehrerin von sich gab (Ja, dieses Tempo hält man keine 1,5 Stunden als Lehrer durch. Solch eine Einheit muss man sich aufteilen.) oder meine Arschpacken beim Chaturanga parallel zum Boden schwebten. Es war einfach gar nichts mehr Wichtig! Ich bewegte mich in meinem Tempo, in meiner Intensität und einfach als Teil einer Gruppe, deren Bewegungen ich nur noch im Augenwinkel erahnte und manchmal schloss ich die Augen und war ein kleiner Fisch in einem großen Schwarm. Die Choreographie entstand instinktiv und von der Energie des Ganzen getragen -  in den letzten 5 Minuten vor Savasana.

 

 

Und da lernte ich,

dass man kein Thai verstehen muss

um durch eine Yogaklasse in Chiang Mai zu schwimmen.


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Eva (Samstag, 02 Januar 2016 06:09)

    Tihihi... aller weg zur Erkenntnis ist so steinig. ... selbst wenn eine matte drunter liegt