Vom Leben dazwischen / ODER / warum mein Leben eine Zwiebel ist

Wenn ich montags Schminke auftrage, mich ins Business Outfit werfe und auf dem Drahtesel über den Ring, die Hofburg und den Kohlmarkt ins Büro radle, dann bin ich dankbar für den Rundblick über diese wunderbare Stadt. Dann bin ich das Mädchen vom Land, das immer nach Wien und von dort in die Welt wollte.

 

Wenn ich dienstags nach Büroschluss ein paar Meter weiter mit dem Lift ins Dachgeschoss fahre um 90 Minuten Yoga zu unterrichten, dann kann ich es oft noch immer nicht glauben, dass das der selbe Mensch ist, der noch vor 5 Jahren ein Workaholic mit Burnout Symptomen war, der nach einem späten Büroschluss nur noch die Gabel zum Mund führen konnte.  

 

Wenn ich mittwochs den PC ausschalte und erst dann merke wieviel Druck sich in meinem Kopf gesammelt hat, dann frage ich mich oft, wie ich in die Stimmung kommen soll eine meditative Yogastunde zu gestalten, in der es um nichts anderes geht als loszulassen und zu spüren und zu atmen. Nach 10 Minuten auf der Matte hat mich die Glückseligkeit wieder und die Stunde fließt dahin - mit mir.

 

Wenn ich donnerstags noch Wochen-Todos abarbeite, weil der Freitag naht, Kosmetik in Aspekt und Auftrag prüfe, Artworks freigebe, Daten einklopfe, Marketing Texte formuliere und neue Trends ausfindig mache, frage ich mich oft, warum mein Leben noch immer irgendwo zwischen den Welten steckt. Doch dann mach ich mich auf den Weg in die Yogastunde und weiß genau was meine Schüler brauchen, weil ich es auch nötig habe.

 

Wenn ich freitags den Zug gen Süden nehme, dort meine Schuhe abstreife um ins Gras zu steigen, dann spüre ich die Erde abwärts und den Menschen aufwärts. Dann ist nichts mehr dazwischen. Dann beginnt alles wieder EINS zu werden.

 

Und wenn es dann noch geregnet hat und ich die Augen schließe, dann bin ich wieder das Kind, das fröhlich seine bloßen Zehen in das tiefe kalte Gatsch im Zwiebelfeld steckt.

 

Und dann bin ich glücklich, dass mein Leben viele Schichten hat, so wie eine Zwiebel.

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