Ich war 17, sie streckte mir ein Stamperl Schnaps entgegen und sagte: „Serwas! Das Leben ist hart. Aber ich bin Herta!“
Und 20 Jahre später muss ich sage, Herta war im Nehmen von Schicksalsschlägen tatsächlich härter als so manch anderer. Was Herta schon mit der Namensgebung mit auf den Lebensweg bekam, beherrschen die einen besser, die anderen weniger und einige leider gar nicht: RESILIENZ
Resilienz bezeichnet die Fähigkeit eines Menschen, sich trotz widriger Umstände, trotz Niederlagen, Kümmernissen und Krankheiten immer wieder zu erfangen und neu aufzurichten. Der Volksmund nennt solche Menschen Stehaufmännchen, die nichts umbringt und die unglaublich widerstandsfähig sind. Doch wie machen die das? Wie überstehen die Trennungen, Verlust geliebter Menschen, Arbeitsdruck, tiefe Enttäuschungen, Krankheiten, Jobverlust, Perspektivenlosigkeit?
Dieser Tage denke ich viel darüber nach, warum das Leben derzeit so widrig ist. Nicht meins. Mehr das Leben von so vielen um mich herum. Der Winter war kaum überstanden und die ersten Blumen blühten auf, doch das Leben riss ein paar Menschen aus unserer Mitte. Einige sehr jung, einige nach langer Krankheit und einige völlig unerwartet. Gut sind die davon gekommen, die zwar schon zum fünften Mal an einer Erkältung laborieren aber zumindest wissen, dass alle Gelenke und Muskeln funktionieren und nicht auf einen OP Termin warten müssen um wieder Luft zu kriegen.
Ich muss sagen, meine Fieberschübe, meine Nackenverspannungen und mein geschwollenes Fußgelenk sind nur zimperliche Kleinigkeiten und lediglich der Beweis, dass Yoga allein uns nicht gesund erhält. Zum Überleben und bewältigen von kritischen Lebensphasen braucht es mehrere Strategien um nicht mit Depressionen, Ängsten und mit Burnout zu enden. Was Herta mit einem Schnapserl so lapidar runterspülen kann, schaffen andere nicht mal mit einem grünen Smoothie. Wobei ich allerdings weiß, dass Herta’s Geheimnis nicht ein Klarer im kleinen Glas ist, sondern Klarheit über das Leben selbst. G’scheite Leute haben das erforscht und nennen es allumfassend: Resilienz.
Weil wir heutzutage alles erforschen, analysieren und Methoden entwickeln, weil wir nicht mehr auf unseren Hausverstand und unseren Überlebensinstinkt vertrauen gibt es auch dafür gleich ganze Programme. Das liest sich dann so:
Wir erlernen Schlüsselfaktoren zur Entwicklung einer geistig-seelischen Widerstandsfähigkeit. Diese sind:
- Akzeptanz des aktuellen Zustandes,
- Entwicklung eines realistischen Optimismus,
- Vertrauen in die eigene Stärke,
- Übernehmen von Verantwortung,
- Gestalten von Beziehungen,
- Entwicklung einer lösungsorientierten Vorgehensweise und schließlich
- Planung ihres Lebens und die Realisierung ihrer Pläne.
Hinter dem Ganzen liegt die geistige Zentrierung und NO NA die Achtsamkeit. Ihr ahnt es schon. Jetzt fang ich wieder davon an: Meditation. Okay, ich lasse es sein. Hier dafür ein praktisches Beispiel für meine Resilienz.
Kürzlich ergatterte ich einen Platz beim „Geheimen Yoga“ eines beliebten Frauenmagazins und die Caro sagte in einem fast schon Rap-mäßigen, gehauchten Motivationston: „Hände in die Höhe - Handflächen zueinander - Finger verlinken – Zeigefinger zur Decke strecken und du wirst gute Entscheidungen in deinem Leben treffen mit diesem Mudra, dass dir soooo vieeel Stärke und Klarheit verleiht!“
„What the f***“ dachte ich, "Mit ausgestreckten Zeigefingern habe ich noch keine lebensverlängernden oder -verbessernden Entscheidungen getroffen." Ich stand auf dieser niegelnagelneuen aber fürchterlich nach frischem Plastik stinkenden gesponserten türkisen Yogamatte auf der wiederum stand „Relax. Be positive. Good happens.“ und dachte nur noch an die 2 Liter gesponserte Flüssigkeit im Goodie Bag. Doch dann holte ich mich zurück und zwar so:
- Okay Astrid, du bist auf einem roten Teppich in einem Wiener Palais und machst Yoga während ein Fotograf deinen Arsch ablichtet (Akzeptanz des aktuellen Zustandes),
- bald hast du das alles hinter dir und isst ein veganes Irgendwas (Entwicklung eines realistischen Optimismus)
- außerdem bist du yogaerprobt und atmest mit links über diese übelriechende Matte hinweg (Vertrauen in die eigene Stärke),
- auch hast du die arme K. hierher mitgeschleppt und die hat danach eine tolle Überraschung verdient (Übernehmen von Verantwortung),
- ich drehte mich zu K. lachte sie an und sagte mit dem allerbreitesten Grinser den man auf einer stinkenden Yogamatte hinbekommen kann „Sind wir hier richtig?“ Sie lachte zurück und wir beide gerieten ein wenig ins Wanken, der Fotograf drehte ab (Gestalten von Beziehungen),
- „Mann gut, dass ich sonst bei dir in die Yogastunde gehe“ sagte K. und ich dachte mir „Mann gut, dass ich danach noch eine therapeutische Yogastunde auf einer verschwitzten Matte habe“ (Entwicklung einer lösungsorientierten Vorgehensweise).

Ich kann euch also sagen:
Auch wenn ich nicht Herta heiße und
noch immer Schnaps verweigere,
die Planung meines Lebens und
die Realisierung meiner Pläne
ist nicht mehr weit entfernt.
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Manuela (Samstag, 03 Juni 2017 09:46)
Liebe Astrid,
sitz grad zum Frühstück auf der Terrasse und dachte mir, mal schaun, was die Astrid so schreibt.
Seit langem selten sooo gelacht �
Weiß genau was Du meinst und kenne die Gedanken nur zu gut.
Yogaerprobt lässt sich dann doch so über einiges hinwegatmen wenn man es dann mal zulässt und einem der eigene Grant auf den Geist geht.
Vielen Dank für das Lachyoga am Morgen.
LG Manuela �