The space between. & Warum alle Antworten in der YIN-Zone liegen.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern wie ich zu Yin fand. Aber ich hatte wohl vor 5 Jahren sowas wie das „andere Yoga“ entdeckt, als die ersten deutschsprachigen Bücher darüber am Markt erschienen.  Zuerst habe ich mich durchgebissen, dann genossen, dann hat es überhandgenommen und ich war so leicht, so schwerelos, dass ich wieder Erdung suchte: Yang.

 

 

Jetzt bin ich dabei sie wieder zu entdecken, die Energie des Yin Yoga, die mein Körper und mein Geist brauchen, weil offensichtlich wieder zu viel Schwere herrscht. So habe ich beschlossen meine Yogafreie-Sommer-Unterrichtszeit für meine eigene Praxis zu nützen. Ich ging in eines dieser Yogastudios, die ich sonst meide, weil Yoga da mehr Konsum als Leben ist. Aber weil es so günstig liegt und Yin Yoga anbietet, ist der Mittwochabend mein Tag über der Einkaufsstraße.

 

 

Ob das Studio bei 30 Grad wegen der 30 Euro - 30 Tage Aktion gut besucht ist, oder weil YIN gerade so IN ist, erschließt sich mir nicht im Detail. Aber fix ist: es ist nicht wegen dem, warum ich Yin Yoga so liebe. Hier gibt es standardisierte Yoga Floskeln ohne menschliche Tiefe oder Glaubwürdigkeit. Da werden Lobesworte à la „ihr seid großartig“ ausgesprochen, weil man 5 Minuten im Schneidersitz  ohne sich zu bewegen, verbrachte. Hier gibt es Übungsfolgen die von intensiv zu leicht gehen, d.h. fragwürdiges Dehnen in umgekehrter Reihenfolge. Und obwohl die Verweildauer für Geübte angemessen ist, für Anfänger ist sie es nicht. Nachspürphasen, die so wichtig sind für das Körpergedächtnis und um die Wirkung entfalten zu lassen, gibt es lediglich für 5 Minuten am Ende der Stunde. Anatomisches Wissen oder ebensolche Hinweise bleiben meist im Verborgenen und das was Yin Yoga ausmacht, nämlich das Dehnen entlang der Meridianlinien und deren Einfluss auf unsere Emotionen und Befindlichkeiten ist unbekannt. Meine Kritik ist hart, aber das ist das Problem, wenn man einen Fach-Idiot zum Fußvolk lässt. Ja womöglich sollte ich keins dieser Studios mehr besuchen…

 

 

Zu noch mehr Yin Erlebnissen kam es diese Woche. Ich verkaufte eine Klangschale übers Internet. Es war der Tag, als ich mit meinem „Yin is the new black“ T-Shirt rumlief. Ein junges Mädel stand an meiner Wohnungstür und wollte noch nicht mal ihren Klang hören, sondern nur das Geschäft abwickeln. Ich war empört: Keiner kauft eine Klangschale ohne zu lauschen, ob der Ton wohl in seinen Ohren klingt. Die Klangschale wäre ja auch nicht für sie, verteidigte sie sich, sondern für einen Freund. Warum ich sie verkaufe? wollte sie wissen und ich entgegnete „Ich habe noch eine kleinere, die einfacher zu transportieren ist.“  Was ich denn mache? war ihre nächste Frage. Ich bin Yogalehrerin entgegnete ich und ihre Neugierde wurde noch grösser. Wo ich unterrichte und was genau? Ob auch Yin Yoga dabei wäre? Ob nur Workshops oder wöchentliche Yin Stunden? Und so weiter. Ich drückte ihr meine Pinkzebra Yoga Karte in die Hand, verwies darauf, dass alle Termine auf meiner Homepage zu finden seien. Und dachte „Jemand der nicht mal die Dauer eines Klangschalen Tons abwarten will, wird es nicht leicht haben in einer PINKZEBRA Yin Yoga Stunde.“

 

Ich ließ die Tür ins Schloss fallen und dachte: Ja ja, Yin is the new black. Alle wollen Yin. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass Schwarz einer jeden steht oder, dass sie das passende Schwarze anhat oder zumindest eins, dass vom coolsten Designer geschneidert ist.

 

 

Der Klang einer wohlgeformten Klangschale schafft Raum, zum Lauschen, zum Denken, zum Wirken, zum Sein und auch zum Nicht-Sein. Und genau so ist Yin. 3 Minuten und meist noch mehr in einer Haltung ohne physische Kraft aufzuwenden. Die Schwerkraft möchte die Kontrolle übernehmen und wir sollen es zulassen.

 

Wir schaffen Raum zwischen den Aktionen: Yoga Position einnehmen und Yoga Position verlassen. In diesem Raum liegt Verwirrung, Ungeduld, Angst, Hass, Unruhe, Aggression. Denn in diesem Raum erschließt sich dein Ego, deine Gedanken, deine Gefühle, dein Jetzt, dein Menschsein, dein Ich mit all seinen Höhen und Tiefen, seiner Schönheit und Hässlichkeit. In dieser Wahrnehmung, mit Selbstmitgefühl und Selbstakzeptanz liegt der Samen, der deine Zukunft ist. In Folge liegt in diesem Raum irgendwann Loslassen, Gelassenheit, Zufriedenheit, Glück, Ruhe, Frieden.

 

 

Es mag un-glaub-lich klingen. Aber was ich da schreibe, das ist Realität. Nicht nur für mich, sondern für viele Yin Praktizierende. Kürzlich landete die folgende Nachricht einer Workshop Teilnehmerin in meinem Posteingang. „Es war total faszinierend für mich, wie leicht und intensiv ich in diesem tollen Raum in die Stille gefunden habe und ganz bei mir war!“ Die Yin-Zonen Erfahrung kannst du machen, wenn du dich voll und ganz einlässt auf die Übung und den Raum, der entsteht zwischen dem was war (DU vor der Dehnung) und dem was noch nicht ist (DU nach der Dehnung). Erst wenn sich dir diese Zone erschließt und du sie würdigst, in dem Sinne, dass du sie mit Achtsamkeit füllst, wirst du Antworten finden auf deine Fragen.

 

 

Wir müssen ja nicht gleich die Antwort auf den Sinn deines Lebens finden. Vielleicht quält dich ja nur die Frage:

 

Pizza oder Sushi?

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Art by Olivia Steele

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