Unsere Seele wächst in einem Leben jenseits räumlicher und zeitlicher Grenzen.
Kurz nach dem Jahrtausendwechsel besuchte ich meine allererste Yoga Stunde. Als ich sie verließ, schwebte ich auf Wolken. Was war da mit mir passiert? Ich konnte es mir nicht erklären. Und ging nicht mehr hin. Was mein Verstand nicht fassen konnte, hatte keinen Platz in meinem Leben.
Zusammenbruch
Stress im Alltag, aufgestaut aus der Doppelbelastung durch ein Studium neben meinem Vollzeitjob. Panikattacken, Notaufnahme: Die Ärzte schweigen und geben mir bereitwillig Psychopharmaka. Als Herzstörungen diagnostiziert werden, drängt ein Wort zu mir – Yoga.
Erkenntnis
Es kann nicht sein, dass mir der Geist aufzwingt, was mich in Panik versetzt. Ich sage mir: Was ich mir einreden kann, kann ich mir auch ausreden. Gedanken sind Gedanken. Das Selbst liegt in mir. Alles liegt in mir.
Gehenlernen
Ein Volkshochschulkurs: In der Tradition von Sivananda atme, übe und meditiere ich. 2,5 Jahre lang bin ich Anfängerin. Als mein Lehrer nach 1,5 Jahren zu meiner Kriegerstellung sagt: Langsam wird’s, Astrid!, bin ich längst angekommen. Und bleibe Anfängerin. Ich weiß, dass es viele Jahre dauern wird, aus mir eine Fortgeschrittene zu machen.
Die einfache Asana bringt immer noch Neues und lässt mich aufmerksamer werden und empfindsamer.
Spiritualität
Ich akzeptiere Yoga als langsamen, spirituellen Prozess. Hier muss nichts schnell gehen. Yoga kennt keinen Wettkampf. Es ist das Gegenkonzept zu meinem Job in einem internationalen Luxusunternehmen. Die ständige Übung, mich nur auf mich zu konzentrieren, lässt mich allmählich immun werden gegen Druck und Stress. Der Musiker Moby hat einmal gesagt, er wolle nie gut sein in Yoga. Dem kann ich viel abgewinnen: Yoga ist Prozess, nicht Ziel. Wer gut sein will, erzeugt Druck und vergisst das spirituelle Wesen des Yogas.
Wer Yoga praktiziert, kann sich dessen Wahrheit nicht entziehen.
Vollkommenheit
Ich möchte mehr wissen. Immer noch habe ich meinen Stressjob. Aber der Irrsinn prallt an meinem In-mir-Ruhen ab. Eine Yoga-Ausbildung möchte ich mir gönnen. Sie soll meine Persönlichkeit weiterentwickeln. Es ist ein sanfter, langsamer Prozess. Doch wann immer Ungeduld aufkeimt, stehe ich ob des Drucks wieder still.
Eines Tages bin ich fast am Ende meiner Yogalehrer-Ausbildung. Ich sage einem Freund, dass ich den Weg, den ich jetzt beschreite, immer mehr los lassen kann, dass ich aber wünschte, schon um die Ecke schauen zu können. Ich möchte sehen, was bei der Abzweigung auf mich wartet. Er lacht und meint, man solle Yoga nicht als Straße sehen, denn sonst lauern nur Begrenzungen, Vorstellungen und Frustrationen. Besser ist es, überrascht zu werden. Nun ja, dann will ich die Wiese hinter den Häusern sehen, antwortete ich.
Und da begann ich, Yoga zu unterrichten – auf der Wiese in einer Wiener Wohnhausanlage...
Viele Yoga und Meditations-LehrerInnnen haben meinen Weg seit 2006 auf inspirierende, fordernde und sanftmütige Weise bereichert. Mit großer Dankbarkeit erkenne ich:
When the student is ready the teacher will appear.